Montag, 16. August 2010

Google macht sich kampfbereit gegen Facebook

Laut FT.com bereitet sich Google vor, die Vorrangstellung von Facebook im Social Media Markt anzugreifen. David Gelles und Richard Waters haben im Umfeld von Google, deren Aktivitäten durchkämmt und sind auf spannende Einblicke gestossen.

Mittels Übernahmen, Investitionen und interne Entwicklungen füge Google die Bausteine für eine Social Media Infrastruktur zusammen und zwar in einer Art und Weise, um Facebook herauszufordern. Während Google sich für diesen Grosskampf aufrüste, beobachte Facebook genauestens sämtliche Aktivitäten von Google und bringe sich selbst in eine günstige Ausgangslage. Die Autoren erwarten als Konsequenz einen weiteren Trend des Internets hin zu einer sozialen Plattform.

„Google wird einen zusammenhängenden, überzeugenden und wahrnehmbaren Schritt in Richtung Social Media während den kommenden Monaten machen,“ wird Augie Ray, Analyst bei Forrester Research zitiert. „Und es wird eine Zeit kommen, wo Facebook durchaus gefährdet werden könnte.“

Die offensichtlichsten Beweise dieses Kampfes ist Google’s plötzliche Kauflust. Am vergangenen Freitag kaufte Google Jambool, ein Unternehmen, welches ein virtuelles Währungssystem für Social Media Spiele betreibt, unter anderem solche, welche auch auf Facebook gespielt werden. Ebenfalls diesen Monat bezahlte Google 200 Millionen US Dollar für Slide, ein führendes Unternehmen in der Entwicklung von Facebook-Applikationen und damit deren hochtalentierten Entwicklungsköpfe. Und nur kurz vor dieser Übernahme kaufte Google für 100 Millionen US Dollar Zynga, den grössten Produzenten von Social Media Spielen.

Ein nicht namentlich zitierter Manager  im nahen Umfeld von Facebook beurteilt die Entwicklung, dass Google es in der Vergangenheit versäumt habe, eigenständige Entwicklungen voranzutreiben und dies nun mit Einkäufen kompensiere.

Gemäss den Autoren ständen diese Entwicklungen für eine strategische Neuausrichtung bei Google. Seine bisherige Social Networking-Anstrengung Buzz habe angestrebt, ein soziales Netzwerk aus den rund 200 Millionen Gmail-Nutzern zu formen. Dieses Unterfangen erreichte jedoch bei weitem nicht die gesteckten Ziele. Als Gründe für den Fehlschlag werden Datenschutzbeschränkungen, insbesondere aber die beschränkte Zahl von Features und das Fehlen von Social Games und Applikationen genannt. Nachdem die Nutzer von Buzz ihre Freunde gefunden hätten, hätten sie nichts mehr weiter auf der Plattform tun können. Anstelle eine weitere Plattform aus dem Boden zu stampfen, beabsichtige Google eine Adresse für Social Games und Applikationen zu entwickeln und hofft, dass sich das soziale Netzwerk darum herum aufbauen werde. Branchenkenner, so die Autoren, geben dieser neuen Strategie eine gute Chance erfolgreich sein zu können. Gerüchteweise soll die Plattform Google Me heissen.

Laut Ron Conway, einem Start-up Investor, welcher nicht nur Google sondern auch Facebook beraten hatte, meint: „Google kauft sich keine Marktanteile, sie kaufen sich Knowhow. Sie kaufen sich einige der brilliantesten Köpfe des Social Networkings.“

Ausserhalb von Google weiss niemand genau wie Google Me aussehen wird, während Google selbst meinte, dass Google Me keine Kopie von Facebook sein werde. Als vor kurzem das Wall Street Journal Eric Schmidt, den CEO von Google fragte, ob sie einen Facebook-Konkurrenten aufbauen, habe er gemeint: „Die Welt braucht keine Kopie der gleichen Sache.“

Trotzdem, so kommen die Autoren zum Schluss, auch wenn Google Me keine genaue Kopie von Facebook sein werde, so werde es dennoch etwas Ähnliches werden. Personen, die die Google Me-Pläne kennten, meinten, dass die Entwicklung zwei Elemente beinhalteten – ein breites Angebot von Applikationen und Spielen, basierend auf einer gemeinsamen Plattform.

Die Entwicklung von Google Me absorbiere die gesamten Unternehmensressourcen. Einerseits in Form von Investitionen von nahezu 500 Millionen Dollar und andererseits würden die fähigsten Leute mit dem Projekt beauftragt. Laut mehreren Quellen sei Vic Gundotra, Google’s Engineering Vice-President, als Projektleiter verantwortlich. Vor dieser Aufgabe war er für das Android-Projekt verantwortlich, dem Google Mobile Phone Operating System, welches vergangene Woche Apple’s iPhone als Marktführer im US Smartphone Markt überholt hat.

Personen rund um Facebook befürchten, dass Google eine weitere Karte ins Spiel bringen könnte: Seine Vormachtstellung als Suchmaschine. So wird befürchtet, dass Google die eigenen Google Me Profile vor anderen Suchresultate aufführen könnte, so etwa vor den entsprechenden Facebook-Profilen. Eine Facebook nahe stehende Person wird zitiert, dass die grösste Befürchtung sei, dass Google seine Stellung im Suchmaschinenmarkt für ihre Social Media-Aktivitäten missbräuchten, was sie bereits im Finanz-, Video- und Kartenbereich getan hätten.

Diesen Entwicklungen halten die Autoren entgegen, dass Facebook mit über 500 Millionen Mitgliedern das grösste soziale Netzwerk sei und dadurch für einen Wettstreit gut gerüstet sei. Zusätzlich sei sich Facebook der Gefahr seitens Google durchaus bewusst und sie hätten deshalb im Verlauf der vergangenen Wochen Kernfunktionen wie etwa die Fotoalben und die Posting-Funktion neu überarbeitet.

Laut Justin Smith, Gründer von Inside Network stünden Google grundlegende Herausforderungen bevor, wenn sie den direkten Kampf mit Facebook aufnehmen würden. Die Aufwände für einen Plattformwechsel seien für die einzelnen Mitglieder aussergewöhnlich hoch, gibt er zu bedenken, insbesondere wenn jemand eine Netzwerk von mehreren hundert Personen unterhält und ein Archiv von Fotos angelegt habe.

Die Autoren weisen darauf hin, dass es beim Ganzen um nichts weniger als um die zukünftigen Internet-Werbeeinnahmen ginge. Zwar ist Google mit Einnahmen von 23.5 Milliarden US Dollar im vergangenen Jahr der Branchenkrösus, Facebook seinerseits sei jedoch daran, von diesem Markt immer mehr an sich zu bringen. So werde prognostiziert, dass Facebook dieses Jahr voraussichtlich zwischen einer bis zwei Milliarden Dollar Umsatz aus Werbeeinnahmen erzielen werde.


Link Originalartikel (ft.com; Englisch)

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